St. Martin erhält einen Turm

Kirch­bühl war im frü­hen Mit­tel­al­ter ver­mut­lich das Zen­trum der Besied­lung im Gebiet des obe­ren Sem­pa­cher­sees. Ab 1300 ist Kirch­bühl als Pfarr­kir­che nach­ge­wie­sen. Zu ihr gehör­ten damals die Fili­al­ka­pel­len St. Ste­fan im Städt­chen Sem­pach sowie die Kapel­len in Adel­wil und Hild­is­rie­den.

Die ein­fa­che recht­ecki­ge Kir­che von 1050 wur­de im Lau­fe der Zeit immer wie­der erwei­tert und ver­än­dert. Um das Jahr 1100 ver­grös­ser­te man zunächst den Chor um etwa 4 Meter. Spä­ter kam ein Vor­zei­chen hin­zu, wodurch die seit­li­chen Ein­gän­ge weg­fie­len.

Auch ein Turm wur­de errich­tet. Die­ser erste Turm, um 1200 gebaut, ist noch heu­te bis zu einer Höhe von 6,5 Metern gut zu erken­nen. Er hat­te damals ver­mut­lich eine Gesamt­hö­he von 7 bis 8 Meter.

 

Der Turm wächst in die Höhe
Um 1260 wur­de der Turm erhöht. Dies kön­nen wir dank einer Unter­su­chung des Hol­zes genau datie­ren. Der Turm hat­te nun eine Höhe von fast 12 Metern und reich­te bis zum heu­te noch sicht­ba­ren umlau­fen­den Gesims.

Bei die­ser Erhö­hung wur­den die obe­ren 2 Meter des alten Turms abge­bro­chen. Die alten Schall­öff­nun­gen für die Glocken sind heu­te direkt unter den neu­en zu sehen. Inter­es­san­ter­wei­se wur­den die alten Schall­öff­nun­gen beim Umbau wie­der­ver­wen­det und ein­fach nach oben ver­setzt.

Han­del brach­te Geld nach Kirch­bühl
Um 1311 wur­de das Kir­chen­schiff ver­grös­sert. Man ver­län­ger­te es nach Westen um 4,8 Meter und erhöh­te es um 1,3 Meter. Aus­ser­dem bekam das gan­ze Schiff neue Fen­ster. Die­se sind auf der Nord­sei­te noch sehr gut zu sehen. Auf der Süd­sei­te ist nur noch ein Fen­ster erhal­ten geblie­ben.

Frü­her dach­te man, dass die­se Erwei­te­rung zusam­men mit dem Bau der Stadt Sem­pach um 1230/40 statt­fand. Der Bau­for­scher Chri­stoph Rösch ver­mu­tet jedoch, dass die Erwei­te­rung erst um 1311 geschah. Er begrün­det dies mit dem Zeit­punkt, an dem die Wand­ma­le­rei­en ange­bracht wur­den, was sich eben­falls durch eine Holz­un­ter­su­chung bele­gen lässt.

Rösch erklärt die spä­te­re Erwei­te­rung so: Als das Städt­chen Sem­pach und sei­ne Kapel­le gebaut wur­den, hat­te man wahr­schein­lich kein Geld mehr für den Aus­bau der Kir­che auf Kirch­bühl. Er ver­mu­tet, dass erst durch den zuneh­men­den Fern­ver­kehr über den Gott­hard mehr Geld zur Ver­fü­gung stand. Dies ermög­lich­te den Aus­bau der Kir­che um das Jahr 1300. Die gros­se Chri­sto­pho­rus-Figur an der Wand deu­tet dar­auf hin, dass man die Kir­che für Rei­sen­de attrak­ti­ver machen woll­te.

 

Im Besitz des Klo­sters Mur­bach
Aus die­ser Zeit stam­men auch zwei wich­ti­ge Aus­stat­tungs­stücke: Ein Kru­zi­fix aus dem 11. Jahr­hun­dert, das heu­te im Rat­haus­mu­se­um von Sem­pach steht, und eine thro­nen­de Madon­na mit Kind aus der Zeit um 1200, die sich im Depot des Schwei­ze­ri­schen Lan­des­mu­se­ums befin­det.

Rösch ver­mu­tet, dass die Kir­che spä­te­stens ab 1234 im Besitz des Klo­sters Mur­bach war. Sicher nach­ge­wie­sen ist die­ser Besitz aber erst für das Jahr 1288.

Quel­le: Auf der Mau­er Chri­sti­an und Rösch Chri­stoph. Archäo­lo­gie des Früh- bis Spät­mit­tel­al­ters am Sem­pa­cher­see, Band 1 und Band 2